Eine neue Liebe (II)

Die Halbinsel Samaná



Aber Samaná hat natürlich noch viel mehr zu bieten als das etwas verschlafene Sánchez und das Naturschutzgebiet Los Haitises. Heute daher Teil 2 der Rundreise.

Ich will weiter nach Las Terrenas. Hier zur Orientierung noch mal die Karte:

(Quelle: Eigenes Werk, Alexrk2/Wikipedia/*)

Auf dem Weg dorthin besuche ich mit David ("meinem" örtlichen Motoconchos des Vertrauens) die "Fuente" ("Quelle") etwas außerhalb von Sánchez. Einen "primo" hat er dort zum Glück nicht.



Die Fuente ist eine Art Freibad, bei dessen Wässern jemand - vermutlich ein findiger Marketing-Mensch - ungeahnte Heilkräfte für jedes Gebrechen festgestellt hat. Gut, gut, testen wir die mal.


Eines meiner kleinen Lieblingsthemen: Hinweis- und Preisschilder. Wie gerufen, stellt auch ein Schild am Eingang der Fuente bereits klar, was hier "ambach" ist:


(Übersetz.:" Eintrittspreis - 40 Pesos (ca. 80 Eurocent) pro Person - Kinder unter 10 Jahren zahlen 20 Pesos (ca. 40 Eurocent) - Fragen Sie (gar nicht erst) nach Rabatt")




Das Ambiente drum herum reizt mich nicht sofort, aber ich will mal einen Versuch wagen. Irgendein Leiden wird sich schon kurieren lassen.



Wie auch schon gehabt: Wegen Putztag geschlossen. Da hilft kein Betteln und kein Flehen und auch kein Vortäuschen von Rückenschmerzen und schlimmen Hühneraugen: Die Hausmeisterin bleibt eisern (wenngleich höflich) und erbarmt sich nicht. Macht aber wenig, da das Wetter ohnehin nicht besonders ist und ich zudem einziger Badegast wäre.


Trotzdem mache ich natürlich ein paar Fotos durchs Gitter. Hier baden die "Reichen", die sich den Eintritt leisten können:


So baden die Armen - immerhin umsonst - im ausfließenden Wasser der "Reichenabteilung":



Gedankenspiel: Eine (untypische) dominikanische Kleinfamilie zahlt - 2 Erwachsene, 3 kleine Kinder - 140 Peso (ca. 2,80 Euro) Eintritt. Nach Angaben von David können sich das aber allerlei Arme hier nicht leisten, weshalb es den "Umsonst-Bereich" gibt - sozialer Ausgleich auf dominikanisch. Hübsche Idee immerhin. Aber, wie kommen die Armen denn hier hin? Die Fuente liegt geschätzte 5 - 7 Kilometer vom Zentrum von Sánchez entfernt und eine Guagua-Fahrt kostet selbstverständlich auch was. David verrät mir, was ich mir eigentlich schon hätte denken können: Sie laufen einfach mit Kind(ern)&Kegel(n)* hin- und zurück.


Ok, Baden passé - dann halt' weiter nach Las Terrenas. Die Fahrt per Moped ist toll, kann man doch die fabelhafte Natur viel näher erleben. In einem Auto wollte ich hier nicht sitzen.


               Wirklich schöne Aussicht ...
                                                                                           ... nur Vorsicht vor fotografischer Rosstäuschung
       

Einziger Nachteil dieser Reisevariante ist, dass die Motoconchos hier - wie fast überall auf dem Lande - offenbar Ambitionen auf die Teilnahme am MotoGP hegen und immer so viel Stoff geben, dass es einen graut. Die schnellen Motos von BC fühlen sich dagegen an wie eine Beifahrt in einem Gehwagen. Mein Tipp für Nachmacher, die das Land per Moto erkunden wollen: Unbedingt fest sitzende Mütze und Sonnenbrille mitnehmen, damit einen Staub und Steinchen des Gegenverkehrs nicht im Gesicht/ Augen treffen. Wichtig.


Las Terrenas wird - passend zu dem aus dem Französischen der Kolonialzeit kommenden Namen "La terrienne" ("Die Gutsbesitzerin") von vielen Franzosen bevölkert und wirkt recht nett, ist mir allerdings zu touristisch, um dort arg viel Zeit zu verbringen. Für einen Urlaub aber sicher nett, wenngleich ich einen Hauch von Verfall und Patina auf dem Glanz wahr zu nehmen glaube.

Trotz Country-Club weist der Verkehr in Las Terrenas mitunter auf seine ländliche Lage hin 

Immerhin will ich aber den Strand, der den ausgefallenen Namen "Playa Bonita" ("Schöner Strand") trägt, sehen.

Der ist auch schön, allerdings am Nachmittag und außerhalb der Saison auch ziemlich leer:



Dort kann man, wenn man ein paar Pfennige mehr übrig hat, auch hübsch in Meeresnähe wohnen (wenn denn kein Hurrikane kommt):




Schließlich geht's am nächsten Tag noch weiter zur bekannten Wasserkaskade ("Cascada") El Limón, die mitten in der Halbinsel zwischen Las Terrenas und Santa Barbara de Samaná liegt.

Dazu fahre ich lange mit den örtlichen Guaguas, die auf dem Land zumeist aus Minibussen bestehen, ca. 60 km. Interessant wegen der Landschaft und der Mitfahrer, aber insgesamt doch arg langsam und etwas quälend, da unbequem.

An einer der mehreren "Paradas" ("Stationen") steige ich aus. Grundsätzlich kann man zur Cascada nämlich zu Fuß oder ... mit Pferd gelangen.



Da ich noch nie geritten bin, interessiert mich dass und ich miete ein Pferd. Die übliche Geschichte zum Verhandeln mit dem Chef Franklin erlaube ich mir, dem Leser heute zu ersparen. Nur eines, falls Sie dort selbst einmal sein sollten: Es ist immer "viel Luft drin" und der Preis richtet sich nach dem Geldbeutel des Käufers.




Mein Führer ist der Bauernsohn Frank (engl. gesprochen/ rechts im Bild), der nicht bezahlt wird, sondern nur von eventuellen Trinkgeldern lebt. Netter Trick vom Chef: "Pferd ist teuer - ok - aber dafür ist die Führung gratis!".






Na, ja, die Farbe passt ja auch etwas

Ich werde anvertraut dem Hengst "Chino" ("Chinese"), der so genannt wird wegen seiner vermeintlichen Schlitzaugen:






Ungeachtet aller Beteuerungen, wie viele Western mit Clint Eastwood und John Wayne ich schon angesehen habe, werde ich angehalten, nur mit der hauseigenen Treppe auf zu sitzen:

Links: Mit meiner Cowboyehre eigentlich unvereinbar ...

Dann geht's los und Chino trottet, für mich abenteuerlich schunkelnd, auf den ausgetretenen Pfaden los ins Grüne.


Das geht recht gut, jedoch hat der liebe Chino, so scheint es, manchmal keine rechte Lust. Er rutscht auf dem arg ausgetretenen Steinweg aus und will verschiedentlich andere Abzweigungen als Frank nehmen. Und ich hatte damit gerechnet, dass er, wie ein altes Brauereipferd, den Weg in- und auswendig kenne. Frank klärt mich auf: Chino ist verliebt und will zu seiner Pferde-novia ("feste Freundin") zurück.

Auf dem Weg, den Frank komplett zu Fuß geht, Chino anschiebt, ihm zu redet und mir Pflanzen am Wegesrand erklärt, treffen wir einige Anwohner, die hier wohnen und daher diesen Weg jeden Tag zu Fuß gehen, sei es, um zur Arbeit zu kommen oder nur ein zu kaufen.

Links: Der Weg ... er ist noch schlimmer und steiler, als er hier aussieht
Rechts: Nicht alle Landbewohner sind bei meinem Anblick begeistert

Anekdote am Rande: Die Landbewohner kommen mir insgesamt ja immer recht freundlich und friedlich vor. Ich frage Frank also, ob es hier auf dem Lande auch Kriminalität gebe. Er antwortet, dass das kaum der Fall sei. Warum, frage ich. Seine Antwort lautet, dass die Polizei hier mit Verbrechern schlicht "kurzen Prozess" mache. Ob's stimmt, weiß ich natürlich nicht, aber hören tue ich das nicht zum ersten Male***.


Zurück zur Natur: Nach einer halben Stunde und geschätzten 4 Kilometern Wegstrecke erreichen wir die Limón. Die hat eigentlich drei Sturzbereiche, wobei der erste ganz zauberhaft ...



 und Nr. 2 im Verlauf zwar hübsch,



im Sturz aber arg hässlich ist:

Wenn ich das sehe, denke ich irgendwie an die Eifel im Herbst ...

Der Hauptsturz ist mit 52 Metern Fallhöhe beeindruckend und wird nach einem beachtlichen Abstieg erreicht:

Mit IPad-Brennweite schwierig - der Herr hier im Bild
sucht eine gute Fotoposition (die er jetzt hat, ist es nicht)

Mann kann an der Limón auch herrlich baden

Zurück muss man ordentlich bergauf laufen, weshalb sich Ungeübte, Herzschwache oder körperlich eingeschränkte Personen sich dies gut überlegen sollten****:





________________
Weitere Quellen: SRTM3, ETOPO1, VMAP0, http://www.one.gob.do
    http://lib.utexas.edu/maps/dominican_republic.html.

** Unnützes Wissen, qualvoll erlernt - den blog zu lesen soll ja nicht nur Spaß machen: "Kind & Kegel" ist übrigens ein 
    "Hendiadyoin" (reth. Stilmittel) - gute Millionenfrage bei Günther Jauch, nicht? Jetzt wissen Sie es (vorsorglich)! 
    Einen drauf: "Kegel" bezeichnete ja früher die unehelichen Kinder, was den Ausdruck hier vor Ort sogar noch 
    passender macht, da mancherlei Mütter eine Schaar Kinder von verschiedenen Vätern haben.

*** Ein Beispiel/ Zitat aus dem Nachrichtendienst Carlos Bamert (zu abonnieren über facebook: hier) v. 04.06.2013:
    "Santo Domingo – In weniger als 24 Stunden hat die Nationalpolizei bei angeblichen Schusswechseln 4 Personen  
    getötet. Trotz der Hartnäckigkeit verschiedener Sektoren und Menschenrechtsorganisationen, die verlangen dass die 
    Institution mit dieser Praxis aufhört, hält die Polizei an dieser Praxis fest.".

**** Ungeprüft, aber ggf. sinnvoll: Nach meiner Kenntnis des Weges dürfte von einem Ritt bei schlechtem Wetter 
     (Regen) ebenfalls deutlich ab zu raten sein. "You have been warned".


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