Boca Chica
Mehr aus Zufall verschlagen hat es mich im Juni 2012 an die Südküste der Dominikanischen Republik (RD), nach Boca Chica, was frei übersetzt "Mädchenmund" bedeutet (aber auch Flussmündung heißen kann).
Hier liegt es:
(Quelle: Eigenes Werk, Alexrk2/Wikipedia/*) |
Boca Chica ist ein kleiner Touristenort mit etwa 22.000 Einwohnern und dem zweifelhaften Ruf einer Drogen- und Vergnügungshochburg. Zugleich gilt es als "Badewanne" der nahe gelegenen Hauptstadt Santo Domingo, da dort lebenden reicheren Bürger gerne ihr Wochenende am Strand in Boca Chica verbringen. Es leben dort auch Ausländer aus aller Herren Länder ("Residenten"), wobei die Italiener überwiegen.
Hier einige Straßeneindrücke:
In der Woche kann es am Strand recht ruhig sein |
Anders aber am Wochenende, wenn die Dominikaner aus dem nahen Santo Domingo mit Kind & Kegel in Boca Chica einfallen und den Tag mit der ganzen Familie am Strand verbringen.
Zugleich ein Festtag für die vielen Strandhändler, die Trink-Kokosnüsse ("agua de coco"), Süßkram und anders am Strand direkt vertreiben.
Die inländischen Ausflügler sind übrigens bei der lokalen Bevölkerung und den Händlern sehr beliebt, da sie vor Ort nicht mit ihrem Geld knausern.
Sehr pitoresk ist auch der im nahen Andrés gelegene Containerhafen ("megapuerto"), den man vom Strand aus gut sehen kann und der Nachts zudem ganz wunderbar beleuchtet ist. Ungeachtet dieser Reize dürfte er in Reiseprospekten aber trotzdem nicht unbedingt im Vordergrund stehen:
Das ist Boca Chica am Abend auf der Amüsiermeile "Duarte":
Dort gibt es verschiedene Restaurants, Kneipen, Kioske ("colmados"), Souvenirläden und ... nun ja ... äh ... Kurzzeit-Hotels ("cabañas"). Dazu flanieren zumeist eine Menge auffällig gestylter Damen für einsame Herzen herum und laden den ahnungslosen Touristen mehr oder weniger aufdringlich zum Verweilen ein.
(Foto: W. Calcina) |
Tagsüber sieht die "calle Duarte" eher so aus:
Zentraler Punkt von Boca Chica ist der Park ("el parque"), der hübsch angelegt und recht gepflegt ist. Dort kann man sitzen oder flanieren, etwas trinken, die Menschen in ihrem Tun beobachten oder in Ruhe bei fliegenden Händlern raubkopierte CDs und DVDs einkaufen. Zudem werden Dienstleistungen aller Art angeboten, was eine Spanne vom Schuheputzen bis zu einer bezahlten Kurzzeitbeziehung umfasst.
Das alles findet statt unter den wachsamen Augen der örtlichen Polizei, die dort ihr Revier hat und deren Devise zumeist das "Nur-nicht-unnötig-einmischen-das-wird-schon-wieder" ist. Immerhin: Alle paar Wochen bekommt man im Revier scheinbar einen neuen "Rappel" und verscheucht abwechselnd die haitianischen Mietdamen, die CD-Verkäufer oder kontrolliert einfach die Fahrergurtpflicht bei Autofahrern. Die Aufregung hält dann ein oder zwei Tage an, bis die Allgemeinheit wieder fröhlich zum alten Trott zurück kehren kann.
Im Hotel Dominican Bay in Boca Chica |
Die Hotelanlagen sind - nicht ganz zu Unrecht - zumeist gut geschützt (Hotel Mondovip in Boca Chica) |
... oder als Einheimischer in einer der schlechteren Gegenden auch gerne etwas schlichter: |
Im Stadtteil 'Cristo Rey' in Boca Chica |
Wenn Geldsorgen im eigenen Leben keine größere Rolle spielen, kann man schließlich in Boca Chica auch so residieren:
Hotel Villa Fiorencia (wohl in russischer Hand) |
Die Stadt wird übrigens von einer Autobahn ("autopista Las Americas") durchschnitten, die man zu Fuß (!) überqueren muss. Hier mal Bilder mit wenig Verkehr, kann aber auch viel sein. Zudem wird generell gerne schnell gefahren und nachts ist nicht jedes Fahrzeug beleuchtet, was die Überquerung zu einem kleinen Abenteuer machen kann. Dass es dadurch häufig leider Verkehrstote gibt, dürfte klar sein.
Folgerichtig hat eine an der Autobahn gelegene Disco es ihren dominikanischen Gästen in ihrer (auf der Toilette aushängenden) Hausordnung auch ausdrücklich verboten, auf der Autobahn zu tanzen ("Está prohibido bailar en la autopista"). Vorsicht ist besser als Nachsicht.
Ach ja, erwähnenswert vielleicht noch, dass Boca Chica sage und schreibe eine (1) Ampel besitzt. Deren Rotphase wird - unerwartet - sogar weitgehend eingehalten und nicht, wie man vielleicht vermuten könnte, von den Verkehrsteilnehmern als unverbindliche Anregung aufgefasst.
Ein guter Treffpunkt ... denn es gibt nur die eine |
__________
* Weitere Quellen: SRTM3, ETOPO1, VMAP0, http://www.one.gob.do, http://lib.utexas.edu/maps/dominican_republic.html.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.