Zu Besuch beim haitianischen Hexer
Über Umwege und haitianische Bekannte bin ich an einen lokalen Vodou-Zauberer gekommen, der etwas entlegen im touristisch eher unerschlossenen Viertel "Monte Rey" in Boca Chica wohnt.
¡Bienvenidos! Monte Rey heißt Sie willkommen! |
Das Zusammentreffen im "Centro Espiritista" gestaltet sich dann aber doch etwas anders, als es sich das europäische Vorurteil so vorstellt:
Der Eingang; alles ist bunt und verwegen bemalt …
Drinnen mischt sich dann alles wild: Heiligenbilder, Totenköpfe, Zauberutensilien, fremdartige Trommelmusik, Essenzgerüche und jede Menge Staub.
Alles wirkt aber gutartig und irgendwie verwunschen.
Ist übrigens kein Touristennepp, sondern ganz ernst gemeint. So waren vor mir andere Einheimische mit besorgtem Gesichtsausdruck für eine Konsultation da und man darf außerhalb nur leise von "bruchería" (Zauberei) sprechen, da die Einheimischen vielfach arg abergläubisch sind und mitunter allergisch auf Fragen reagieren. Keine Übertreibung: So glaubt man verschiedentlich, dass Hexen über das Dach eindringen und das Blut von Neugeborenen trinken*, man kennt den bösen Blick "mal de ojo" (gegen den Kinder schwarze Armbänder oder rote/ schwarze Steine am Kragen tragen) und anderes.
Hier der freundliche haitianische Hexer Robert mit Rassel, Glocke und Metallschneidezahn.
Hat aber auch Sportschuhe an und ein Handy in Betrieb. Neben den Zauberutensilien stehen zudem leere Colaflaschen und einen DVD-Spieler besitzt er auch. Offenbar gehen auch die Hexer mit der Zeit.
Eine Business-Card mit Corporate-Identity gibt's auch |
Geschäftstüchtig macht Robert auch gleich eine "consultatión" (Sitzung) mit mir:
Robert liest aus meinen Karten, dass ich Geld brauche (was wohl stimmt) und dass ich eine Frau habe, die es auf mein Geld abgesehen hat (was ich so derzeit nicht glaube). Weiter soll es zwei andere Frauen geben, die sich für mich interessieren (etwas - mit Verlaub - zu gering geschätzt, aber dem Grunde nach wohl zutreffend). Die Kommunikation ist aber etwas schwierig, da Robert vor allem Kreol spricht und ich es dann auf (kreolversetztes) Spanisch übersetzt kriege, das ich mit meinem (seinerzeit allenfalls brauchbaren) Spanisch verstehen muss.
Später besuche ich dann eine "Botanica" ("Zaubershop") in San Andrés. Auch keine Show, sondern völlig ernst und abseits allen Tourismus für die Einheimischen des eher rauhen Stadtteils, in dem es oft kein Wasser und keinen Strom gibt. Auch sind dort Asphaltstraßen in der Unterzahl, es werden reichlich Drogen verschoben und man kommt recht einfach an eine Schusswaffe, was sich in einer erhöhten Zahl von Mordopfern äußert. Alles in allem ein richtig idyllisches Eckchen, gerade nach Anbruch der Dunkelheit.
Die Kerzen scheinen mir nicht vornehmlich für den Fall eines Stromausfalles gedacht |
Auch hier überrascht der Shop, der erst wie ein unauffälliger, normaler Laden daher kommt, dann aber im Inneren seine "Schätze" offenbart. Auch die sind wiederum ganz anders, als ich es mir so gedacht hätte.
Willkommen im Zauberoutlet |
Hier kann man für zum Beispiel für ein Heiligenfest spenden:
Im Sortiment dominieren Wässerchen und Cremes für alle (ausdrücklichen und fest gelegten) Zwecke. Beispiele gefällig?
"Ich kann mit 100", "Entstrickung", "gesegnetes Wasser (nur für äußere Anwendung)"
Für "Glück" ("Hergestellt in Venezuela" - offenbar ein Gütesiegel):
"Hausreiniung" (Sonderedition, abgefüllt in Brugal-Rum-Flasche), "Feinde besiegen":
... "Gib'/ lass' mir den Scheck im Bett" (!?) oder den "Respekt eines Polizeichefs" ...
Ein ähnlich grünes Wässerchen hat mir auch Robert (Centro Espiritista) zum Einreiben mit gegeben:
"Geldfunken" (wichtig: Hergestellt in Venezuela) |
Auch das: Zum "Anwärmen/ Beleben des Geschäfts, Anziehen von Geld und vielen Leuten". Man beachte unten das "Autentico" ("echt") - Zum Glück, hatte ich doch schon die Befürchtung, einer möglicherweise unwirksamen Fälschung aufzusitzen:
Von den Wässerchen gibt es ziemlich viele:
Wie zu erwarten war, gibt aber auch Voodoopuppen. Wiederum anders, als ich sie mir so vorgestellt hatte, hat das nichts mit Nadeln und unliebsamen Nachbarn und Vorgesetzten zu tun:
Sieht aus wie der Grüne Punkt, nicht? |
Fröhlich sind sie ja ... |
Lieferbar auch in haitianischem Schwarz |
Diese zB sind aus Wachs und kosten ca. 7 € pro Stück:
Weiter gibt es Kerzen, Kräuter, Heiligenbilder, Ketten und vieles mehr:
Grundbedarf der Zauberkunst |
In einer hinteren Ecke entdecke ich sogar eine - leider unverkäufliche - kleine Besonderheit ...
Spätere Fundstücke: Wer noch andere (sinistere) Zwecke verfolgt oder wem die vielen Wässerchen im Magen und auf der Haut nicht bekommen, kann sich im Kommerzviertel in Santo Domingo auch mit Pülverchen eindecken:
(Übers.:) "Anerkannter(-maßen) Staub"? Nomen est omen? - hier: "Zum Trennen zweier Personen" ... wie nett ... |
"Geldhand" - "Hergestellt in Venezuela" (wo sonst?) |
Das ist kein Voodoo-Herbizid gegen Baumstümpfe, sondern soll etwas wie "bärenstark" oder "Bäume-Ausreißen" bedeuten |
etwas kryptisch und auch/ wohl Schreibfehler: "Bring's schnell/ Hüpfsprung" (links), rechts: "Grapschen von Geld" |
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* Für den Fall, dass auch Sie auf der Suche nach einer geeigneten Abwehrmaßnahme sind, hier die offiziell
geprüfte Version: Einfach einen Palmbesen mit Salz bestreuen und in einer geeigneten Zimmerecke
umgekehrt aufstellen - schon kann keine Hexe mehr eindringen!
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