Die Halbinsel Samaná
Diesmal möchte ich dem geneigten Leser einen weiteren herrlichen Teil der Insel Hispaniola vorstellen: Willkommen auf der Halbinsel Samaná*! Auf zum ersten Teil!
Auf der Karte liegt sie so:
(Quelle: Eigenes Werk, Alexrk2/Wikipedia/**) - rechts: einige der Reiseziele |
Um diesen Teil der RD kennen zu lernen, muss ich von Boca Chica im Süden in den Nordosten der Insel fahren:
Links oben: Autopista Las Americas, links unten: Carretera Juan Pablo II Rechts: Wegstrecke nach Samaná |
Das mache ich mit der Buslinie Caribe-Tours, die an der Kreuzung der Autopista Las Americas und der relativ neuen Autobahn Nord-Süd eine Haltestelle hat. Als Schalterhalle und Aufenthaltsraum fungiert - dominikanisch-pragmatisch - ein ausrangierter Bus:
Unten Mitte: Die Schalterhalle im Businneren ... ... wird (unten rechts) ortsüblich gut bewacht |
Zur Erkundung der Halbinsel brauche ich außerdem eine gut gelegene Basis. Ich wähle dazu das Städtchen Sánchez***. Im Hinblick auf Sánchez hatte man mir von mehreren Seiten vorher eindringlich abgeraten und gesagt, dort gebe es "nichts". Ein gutes Zeichen - folgere ich doch daraus, dass man dort günstig wohnen kann und mir Touristentamtam mit den üblichen Auswüchsen erspart bleibt. So kommt es denn auch. Ich wohne in der Pension "Juana", deren Wirtin einen ungewöhnlich guten Geschmack beim Einrichten hat und zudem eine im ganzen Bezirk gefürchtete Domino-Meisterin ist.
Die Pension Juana innen |
Ich residiere dort für günstige 500 Peso die Nacht, wobei mir Juana listig bis zum Ausgepackt-Haben verschweigt, dass es sich dabei um einen Netto-Preis handelt und 16% Mehrwertsteuer hinzu kommen. Aha, Domino-Finten angewandt im realen Leben. Sei's drum, 1:0 für sie.
Sánchez ist auch ein nettes Landkaff mit ganz herrlicher Natur und Meer drum herum:
Oben: Ausblick auf Sánchez; Links-Mitte: Straßeneindruck; unten: Ausblick auf die Bucht |
Weitere Eindrücke von Sánchez; dort soll ja "der Hund begraben sein" - wie das Bild links unten zeigt, könnte da doch was dran sein ("Funeraria Municipal" = "kommunales Bestattungsinstitut") |
Allerdings lässt die Elektrifizierung von Sánchez zu wünschen übrigen - so erlebe ich dort keinen einzigen Abend, an dem es nach 18:00 Uhr noch Strom gäbe. Aber Glück: Juana hat einen Inversor (Stromspeicher) für das Hotel.
Dann geht's los. Als Erstes möchte ich den Nationalpark Los Haitises kennen lernen. Dieser wurde 1976 zum selbigen gemacht, ist insgesamt 826 qkm groß und bezieht Teile von vier Provinzen (Sabana de la Mar, Hato Mayor, Monte Plata und Samaná) mit ein:
(Quelle: Eigenes Werk, Alexrk2/Wikipedia/**) |
Er beheimatet allerlei interessante Tier- und Pflanzenarten, vor allem Vögel, und bietet vielfältige tolle Natur, etwa die größten Mangroven des Landes. Der Name klingt übrigens nicht zufällig wie der Staat Haiti, denn "Haití" bezeichnete in der Sprache der Ureinwohner Hispaniolas die ganze Insel, die sie "bergiges Land" (= "Aití") nannten.
Beschauliches Fischerleben am Strand von Sánchez**** |
Mit Hilfe "meines" örtlichen Motoconchos David gelingt es mir, am Strand einen Kleinkapitän - seinen angeblichen "primo" (Cousin) - aufzutreiben. Der ist touristisch vorgebildet, sehr quirlig, wirft mir direkt deutsche Sprachbrocken um die Ohren und preist die Schönheit Deutschlands (das er mit Sicherheit nicht kennt). Das alles stört mich etwas, da ich Animation weder benötige noch möchte. Genau wie ich es mir gedacht habe, geht er außerdem von touristischen Ausflugspreisen mit zwei Mittelmännern aus und verlangt - nach den üblichen Höflichkeiten und dem Umschleichen der wirklichen Zahlen - 4.500 Pesos (ca. 90 Euro) für die Überfahrt und ein paar Stunden in Los Haitises. Mehr als Zeit, dass ich ihn los werde.
Ich lehne also rundheraus (wenngleich freundlich) ab, kostet doch eine All-inklusive-tour von Boca Chica aus dasselbe ... mit ein bisschen Feilschen sogar weniger (wobei dabei natürlich mehr Personen teilnehmen und zahlen). Trotz seines verständnislosen Kopfschüttelns zeige ich mich nur wenig nachgiebig und biete geizig 1.000 Pesos (ca. 20 Euro) Maximum. Wir verhandeln höflich, aber hart weiter ... und kommen zu keinem Ergebnis. Ich biete abschließend 1.700 Pesos, ca, 34 Euro, plus Trinkgeld, falls ich danach sehr zufrieden sein sollte, was er jedoch ebenfalls ablehnt.
Kleine Idee also, die auch allgemein nützlich sein mag: Vermeiden Sie touristisch geschulte und geübte Führer - es wird vermutlich unnötigerweise deutlich teurer und Sie kriegen voraussichtlich (nur) eine Standardbehandlung für ahnungslose Pauschaltouristen.
Die Strecke von Sánchez nach dort soll 12 nautische Meilen (ca. 22 km) betragen und erweist sich als rauher ich angenommen hatte. Ich werde so nass, als ob ich nicht im Boot gefahren, sondern geschwommen wäre. Sehr ungünstig für meine Geldscheinsammlung, meinen Pass und die Kamera. Durch mitgebrachte Plastiktüten kann ich aber alles vor dem Schlimmsten bewahren. Allerdings lassen die dauernden Gischtspritzer und Wasserfontänen nur selten Filmaufnahmen zu. Ungeachtet dessen habe ich aber viel Spaß bei dem Ritt.
Wir nähern uns nach ca. 45 Minuten Fahrt dem Nationalpark:
Dort selbst ist es umwerfend schön und ich schwelge geradezu im Genuss. Für mich bisher das schönste Fleckchen, das ich in der RD entdecken durfte. Einige Eindrücke:
Den Fischern von Sánchez scheint es hier auch zu gefallen, haben sie doch in der Nähe eine kleine Zeltstadt errichtet:
Ob dies geschieht, um immer nahe an den Fischgründen zu sein, aufbrausenden Ehefrauen zu Hause zu entgehen oder einfach nur mal in Ruhe Domino spielen zu können, kann ich aber nicht sagen. Beim nächsten Besuch werde ich fragen.
Weiter besuchen Isaac und ich noch eine nahe gelegene Höhle:
Dann geht's nach einigen Stunden zurück nach Sánchez.
Allerdings erwartet mich vorher noch eine kleine Überraschung ... Wie das auf meinen Exkursionen üblich zu werden scheint, geht immer irgend etwas kaputt. Diesmal - sehr unschön - der Motor von Isaac's Boot, und zwar irgendwo mitten auf See. Zunächst mache ich mir keine Sorgen. Das ändert sich, als ich den besorgten Ausdruck auf Isaac's Gesicht sehe. Hektisch macht er am Motor herum, dreht, zischt und stößt Verwünschungen aus. Nach circa 50 Anlassversuchen, irgend einem Trick von Isaac und einem Gebet (meinerseits), stottert der Motor dann aber doch wieder an und wir fahren weiter. Puh, hatte ich mich doch schon geistig als Robinson Crusoe auf Los Haitises gesehen.
Bei der Weiterfahrt kommt mir so zum ersten Mal ein Gedanke, der mir vorher im Tatendrang und bei der Feilscherei um den Fahrpreis unter gegangen war. Wie sieht es eigentlich mit Rettungsausrüstung "an Bord" aus? So fernliegende Accessoires wie eine Schwimmweste erblicke ich jedenfalls nicht. Auch sonst rein gar nichts, außer dem Motor, dem Tank und dem barfüßigen Isaac. Aber meine Sorge erweist sich als unbegründet: Isaac zeigt mir sein als Rettungsutensil dienendes Mobiltelefon, das er - in eine Plastiktüte eingewickelt in der Hosentasche - hat, als seine Mutter anruft und fragt, wann er denn zum Essen heim käme. Da bin ich ja beruhigt.
Home, sweet home! Zurück am Strand von Sánchez |
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* Der Name Samaná ist übrigens die alte Bezeichnung der Taíno-Ureinwohner für diese Region, die sie Xamaná nannten.
** Weitere Quellen: SRTM3, ETOPO1, VMAP0, http://www.one.gob.do,
http://lib.utexas.edu/maps/dominican_republic.html.
*** Solche süßen Kleinigkeiten liebe ich: Das bescheidene Dörfchen Sánchez hieß vor 1866 wegen seiner vielen
bewachsenen Bäche noch "Las Cañitas" ("Die Stroh-Hälmchen") und wurde erst dann im Zuge seiner Erhebung zur
Gemeinde ("municipio") zu Ehren des Nationalhelden Francisco del Rosario Sánchez in das heutige "Sánchez"
umbenannt.
**** Wegen der Nähe zum Meer und der vielen Fischerei sind Meeresfrüchte hier herrlich frisch und zudem spottbillig
(im Vergleich zu anderen Orten der RD) - sicher ein Plus für Freunde der solchen.